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Das Gesetzesveto und -referendum. Ein Stolperstein wird zum Grundstein
ISBN
3-7190-1462-2
Type
book section
Date Issued
1996
Author(s)
Moeckli, Silvano
Editor(s)
Auer, Andreas
Abstract (De)
1831 führte der Kanton St. Gallen als erster Gliedstaat der Eidgenossenschaft das Gesetzesveto ein. Obschon dessen Inanspruchnahme mit hohen Schwellen versehen wurde und das Veto deshalb kaum je praktische Bedeutung erlangte, war dieses Veto ideengeschichtlich ein Grundstein. 1832 folgte der Kanton Basel-Landschaft, 1839 der Kanton Wallis und 1849 der Kanton Thurgau. Der Übergang vom Veto zum modernen fakultativen Gesetzesreferendum geschah fliessend. 1856 nahm der Kanton Solothurn ein als „Vetoreferendum“ bezeichnetes Instrument in seine Verfassung auf, das bereits die wesentlichen Merkmale des modernen Referendums aufwies. Beim Veto erfolgte gewöhnlich eine Abstimmung in den Gemeinden eines Kantons nur dann, wenn eine gewisse Anzahl Stimmberechtigter die Einberufung einer Gemeindeversammlung verlangt hatte. Wer nicht teilnahm, legte keinen Einspruch ein und galt demzufolge als Annehmender (sog. Vetoprinzip). Das fakultative Referendum ist zweiphasig: eine Minderheit kann es auslösen, alle Stimmberechtigten können sich dazu als Annehmende oder Verwerfende äussern.
Woher hatten die Schöpfer der Kantonsverfassungen das Gesetzesveto? Was die technische Ausgestaltung angeht, so war - unausgesprochen - die französische Montagnard-Verfassung von 1793 das Musterbild. Die politischen Energien zur Durchsetzung dieses Volksrechtes wurden jedoch unter Anrufung alteidgenössischer Einrichtungen wie der Landsgemeinden, des föderativen Referendums und der Volksanfragen mobilisiert. Die Befugnisse der Landleute an der Landsgemeinde waren auch richtungsweisend bei der Festlegung des Geltungsbereiches des Vetos.
Wurde das Veto anfänglich als „ultrademokratisch“ verschrieen, so zeigte die politische Praxis bald, dass Veto und Gesetzesreferendum vor allem konservativ wirkten. In den zehn Jahren nach der Einführung des fakultativen Gesetzesreferendums im Bund 1874 wurden 13 von 19 Referendumsvorlagen abgelehnt. Das fakultative Referendum schwebt wie ein Damoklesschwert über dem gesamten Gesetzgebungsprozess und übt einen starken Druck in Richtung der konsensuellen Demokratie aus.
Woher hatten die Schöpfer der Kantonsverfassungen das Gesetzesveto? Was die technische Ausgestaltung angeht, so war - unausgesprochen - die französische Montagnard-Verfassung von 1793 das Musterbild. Die politischen Energien zur Durchsetzung dieses Volksrechtes wurden jedoch unter Anrufung alteidgenössischer Einrichtungen wie der Landsgemeinden, des föderativen Referendums und der Volksanfragen mobilisiert. Die Befugnisse der Landleute an der Landsgemeinde waren auch richtungsweisend bei der Festlegung des Geltungsbereiches des Vetos.
Wurde das Veto anfänglich als „ultrademokratisch“ verschrieen, so zeigte die politische Praxis bald, dass Veto und Gesetzesreferendum vor allem konservativ wirkten. In den zehn Jahren nach der Einführung des fakultativen Gesetzesreferendums im Bund 1874 wurden 13 von 19 Referendumsvorlagen abgelehnt. Das fakultative Referendum schwebt wie ein Damoklesschwert über dem gesamten Gesetzgebungsprozess und übt einen starken Druck in Richtung der konsensuellen Demokratie aus.
HSG Classification
contribution to scientific community
HSG Profile Area
SEPS - Global Democratic Governance
Book title
Les origines de la démocratie directe en Suisse. Die Ursprünge der schweizerischen direkten Demokratie
Publisher
Helbing & Lichtenhahn
Publisher place
Bâle
Start page
209
End page
220
Pages
12
Subject(s)
Eprints ID
251381