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Objektivität, soziale Konstruktion und Kritik : Habermas und Haslanger im Vergleich
Type
conference speech
Date Issued
2015-06-18
Author(s)
Abstract (De)
In diesem Vortrag beschäftige ich mich mit den Beiträgen zur kritischen Gesellschaftsthe-orie, die Jürgen Habermas’ und Sally Haslangers jeweils formalpragmatische und sozial-ontologische Perspektiven leisten. Diese Kombination könnte auf Anhieb merkwürdig vorkommen: Während sich Habermas im Gefolge von der linkshegelianischen Tradition der Frankfurter Schule mit der kontrafaktischen Frage der Möglichkeitsbedingungen so-zialer Kritik in den 60er und 70er Jahren beschäftigte, ist die kritische Arbeit von Haslan-ger, deren theoretische Wurzeln im philosophischen Naturalismus Quines hauptsächlich zu finden sind, größernteils einer konzeptuellen Analyse von konkreten problematischen sozialen Kategorien („social kinds“) wie Geschlecht und Rasse gewidmet.
Ich möchte dennoch die Hypothese auffächern, dass es sich aus einer kritisch- theoretischen Perspektive lohnt, Sally Haslangers Bemerkungen über soziale Konstruktion, soziale Reali-tät und ihre Idee der Kritik als eines „debunking project“ (vgl. vor allem Resisting Reality, 2012) mit Habermas’ nicht-epistemische Theorie der Wahrheit, wie er sie in Wahrheit und Rechtfertigung (2004, WR) darstellt, in Zusammenhang zu bringen. Der Vergleich legiti-miert sich dank der systematischen Ähnlichkeit zwischen den Konzeptionen von Realität und Objektivität, die Habermas und Haslanger aus unterschiedlichen theoretischen Perspek-tiven umreißen. Im Papier werde ich in einem ersten Schritt eine solche Ähnlichkeit rekon-struieren und damit zeigen, wie das Verhältnis zwischen den diskursiven und nicht-diskursiven sozialen Praktiken und dem Realen, das die Praktiken in unterschiedlichen Wei-sen betreffen, aus dem Gesichtspunkt der Gesellschaftskritik einzuordnen ist (1). In einem zweiten Schritt werde ich wie etwa Cristina Lafont (1999) und Steven Levine (2011) die These plausibel machen, dass eine realistische Deutung von Habermas’ formalem Pragma-tismus in der Lage ist, das kritische Potential diskursiven Interaktionen zu erklären. Im Ge-gensatz zur etwas vagen Position Haslangers diesbezüglich, verankert die Habermassche Theorie das Bedürfnis nach Kritik in einer „riskanten“, problematischen Realität, die zur Infragestellung und Revision der geltenden Wahrheitsansprüche bringt (2). Schließlich möchte ich noch behaupten, dass Haslangers Überlegungen zur Rolle und Wirkungsweise sozialer Strukturen schlagkräftige Werkzeuge liefern, die der Habermasschen Theorie fern-bleiben, um die systematischen im lebensweltlichen Hintergrund eingesteckten Blockaden der Kritik zu enthüllen. Zwei Gründe würden hier meines Erachtens den Fehlbeitrag von Habermas’ Position erklären: erstens, sein zu „optimistisches“ Bild der diskursiven Praxis, und zweitens, die Trennung zwischen der nicht-epistemischen Wahrheitskonzeption und der epistemischen Richtigkeitskonzeption.
Ich möchte dennoch die Hypothese auffächern, dass es sich aus einer kritisch- theoretischen Perspektive lohnt, Sally Haslangers Bemerkungen über soziale Konstruktion, soziale Reali-tät und ihre Idee der Kritik als eines „debunking project“ (vgl. vor allem Resisting Reality, 2012) mit Habermas’ nicht-epistemische Theorie der Wahrheit, wie er sie in Wahrheit und Rechtfertigung (2004, WR) darstellt, in Zusammenhang zu bringen. Der Vergleich legiti-miert sich dank der systematischen Ähnlichkeit zwischen den Konzeptionen von Realität und Objektivität, die Habermas und Haslanger aus unterschiedlichen theoretischen Perspek-tiven umreißen. Im Papier werde ich in einem ersten Schritt eine solche Ähnlichkeit rekon-struieren und damit zeigen, wie das Verhältnis zwischen den diskursiven und nicht-diskursiven sozialen Praktiken und dem Realen, das die Praktiken in unterschiedlichen Wei-sen betreffen, aus dem Gesichtspunkt der Gesellschaftskritik einzuordnen ist (1). In einem zweiten Schritt werde ich wie etwa Cristina Lafont (1999) und Steven Levine (2011) die These plausibel machen, dass eine realistische Deutung von Habermas’ formalem Pragma-tismus in der Lage ist, das kritische Potential diskursiven Interaktionen zu erklären. Im Ge-gensatz zur etwas vagen Position Haslangers diesbezüglich, verankert die Habermassche Theorie das Bedürfnis nach Kritik in einer „riskanten“, problematischen Realität, die zur Infragestellung und Revision der geltenden Wahrheitsansprüche bringt (2). Schließlich möchte ich noch behaupten, dass Haslangers Überlegungen zur Rolle und Wirkungsweise sozialer Strukturen schlagkräftige Werkzeuge liefern, die der Habermasschen Theorie fern-bleiben, um die systematischen im lebensweltlichen Hintergrund eingesteckten Blockaden der Kritik zu enthüllen. Zwei Gründe würden hier meines Erachtens den Fehlbeitrag von Habermas’ Position erklären: erstens, sein zu „optimistisches“ Bild der diskursiven Praxis, und zweitens, die Trennung zwischen der nicht-epistemischen Wahrheitskonzeption und der epistemischen Richtigkeitskonzeption.
Language
German
HSG Classification
contribution to scientific community
HSG Profile Area
SHSS - Kulturen, Institutionen, Maerkte (KIM)
Event Title
Habermas Conference : Der Ort der Vernunft. Habermas im Diskurs
Event Location
Karl-Jaspers Haus, Oldenburg
Event Date
18.-19.06.2015
Subject(s)
Division(s)
Contact Email Address
federica.gregoratto@unisg.ch
Eprints ID
252194