Ein Überblick: Zur Diskussion des Adam-Smith-Problems
Type
working paper
Date Issued
1990-01-01
Author(s)
Patzen, Martin
Abstract (De)
1. Viele neuere Smith-Interpreten gehen davon aus, dass WN und TEG im wesentlichen konsistente Bestandteile eines umfassend konzipierten Gesamtwerkes darstellen. 2. Trotzdem weichen die einzelnen Deutungen und Interpretationen derselben Begriffe, Konzepte und Theorien beträchtlich voneinander ab. 3. Der unvoreingenommene Leser wird zwar zahlreiche verbindende Elemente in Smiths Hauptwerken erkennen. Dennoch sind solche Zusammenhänge und Verbindungen weder ausreichend zahlreich noch eindeutig genug, um von einer vollständigen Konsistenz von WN und TEG zu sprechen. Einerseits gibt es grundlegende Elemente, die beiden Werken gemeinsam sind, wie die Idee der Harmonie, des Ausgleichs, der Glaube an autonome, selbstwirksame Ausbalancierungsprozesse und Regelmechanismen sozialer oder ökonomischer Funktionssysteme, die lebensnahe Verbindung von Vielfalt und Ambivalenz in Smiths Menschenbild, seine Methodik und sein weitgehender Verzicht auf normative Prämissen in seiner Ethik. Andererseits bleiben viele zur Begründung der Einheitshypothese vorgetragene Argumente entweder grundsätzlich oder in ihrem Gültigkeitsumfang umstritten. 4. Ein von Smith-Interpreten in verschiedenen Variationen oft aufgegriffenes Problem besteht im Kern darin, dass der WN kaum explizit Aussagen oder Resultate der TEG aufgreift, um sie in ökonomische Analysen einzubauen. Gelegentlich sucht Smith sogar im WN für dasselbe Phänomen neue Erklärungsansätze, ohne auf die früheren der TEG Bezug zu nehmen. So z.B. bei der Erklärung der Motivation zu ökonomisch produktivem Handeln. 5. So berechtigt es ist, in Smith einen der letzten Universalgelehrten zu sehen, der ernsthaft versucht hat, Ethik und Ökonomie in einem ganzheitlichen Entwurf zu verbinden, so offensichtlich sind auch Smiths Schwierigkeiten, die ethische Relevanz einer sich zunehmend emanzipierenden Ökonomie zu erweisen. Die Diskrepanz zwischen der globalen Standardisierung bei gleichzeitiger Intensivierung des ökonomischen Denkens und pluralistischer Individualisierung der Ethik scheinen der Integrierbarkeit von Ökonomie und Ethik bereits zu Smiths Zeiten gewisse Grenzen gesetzt zu haben. 6. Verbreitete Klischee-Bilder von Smith als Vater eines einseitig mechanistischen und profitorientierten Wirtschaftsliberalismus sind von neueren Forschern überzeugend widerlegt worden. 7. Die bleibende Originalität und Aktualität von Smiths Beiträgen zum bis heute nicht gelösten Problem einer überzeugenden und umfassenden Integration von Ökonomie und Ethik wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten neu entdeckt und zu Recht als höchst fruchtbar für die laufende Diskussion im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ethik qualifiziert.
Language
German
HSG Classification
contribution to scientific community
Refereed
No
Subject(s)
Eprints ID
17561