Korrektive, funktionale oder grundlagenkritische Wirtschaftsethik? Leitideen zu einer ethikbewussten Ökonomie
Series
Berichte des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen
ISSN
3906548384
Type
working paper
Date Issued
1990-07-05
Author(s)
Abstract (De)
Interdisziplinarität ist eine oft postulierte, aber selten praktizierte Wissenschaftsform. Für eine moderne Wirtschaftsethik ist sie konstitutiv, kommt es doch zur Überwindung des symptomatischen "Nicht-Verhältnisses" (Mittelstrass) von Ethik und reiner Ökonomik gerade auf eine methodische Vermittlung der disziplinären Welt der ökonomischen Sachrationalität mit der so ganz anderen philosophischen Denkwelt der ethisch-praktischen Vernunft an. Diese konstitutive Problemstellung wird zunächst verfehlt von Ansätzen der Wirtschaftsethik, die sich damit begnügen, Moralität bloss als ein äusserliches Korrektiv der ökonomischen Sachlogik aufzufassen und normativ zu fordern, ohne sich auf das immanente Ethos der ökonomischen Rationalität einzulassen. Sie wird ebenso verfehlt von Ansätzen einer "rein" ökonomischen Theorie der Moral, die nur deren ökonomische Funktionalität (Nützlichkeit) analysieren, sich jedoch auf keinerlei normative Verbindlichkeiten einlassen wollen. Der im vorliegenden Beitrag vorgeschlagene integrative Ansatz von Wirtschaftsethik lässt sich durchaus auf die ökonomische Sachlogik ein, dies jedoch in grundlagenkritischer Weise.
Drei systematische Grenzen oder Defizite rein ökonomischer Ansätze der Wirtschaftsethik werden sorgfältig herausgearbeitet: ihre "deontologische Lücke", die fehlende kritische Reflexion empirischer Präferenzen (methodologischer Individualismus) und der fehlende Blick für die nicht-systemischen Voraussetzungen vernünftigen Wirtschaftens (Konfusion von strategischer und kommunikativer Rationalität). Diese drei Momente - ein unverzichtbares deontologisches Minimalethos, die kritische Reflexion individueller Präferenzen und die Wiedereinbettung des ökonomischen Systems in lebensweltliche Rationalitätsmuster einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft - konstituieren zugleich die normativen Voraussetzungen einer ethisch gehaltvollen, zeitgemässen Leitidee vernünftigen Wirtschaftens.
Zum Schluss wird diskutiert, wie weit sich unter den strukturellen Bedingungen einer modernen Gesellschaft ökonomische Rationalität und Ethik überhaupt vermitteln lassen (integrativer Ansatz von Wirtschaftsethik). Dabei wird ein differenzierter Standpunkt eingenommen, der einem relativ autonomen ökonomischen System Raum lässt, die Kriterien seiner Funktionsrationalität jedoch in einer umfassenderen sozialökonomischen Rationalitätsidee aufhebt: Es geht in der Wirtschaftsethik um die Begründung einer neuen, ethikbewussten ökonomischen Sachlichkeit.
Direkt bestellbar auf der Website des Instituts für Wirtschaftsethik: www.iwe.unisg.ch unter "Schriften".
Der Beitrag ist auch als Sammelbandbeitrag verfügbar unter dem Titel "Wirtschaftsethik auf der Suche nach der verlorenen ökonomischen Vernunft", in: Ulrich, P. (Hrsg.): Auf der Suche nach einer modernen Wirtschaftsethik. Lernschritte zu einer reflexiven Ökonomie. St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik Bd. 4, Bern/Stuttgart/Wien: Haupt 1990, S. 179-226.
Drei systematische Grenzen oder Defizite rein ökonomischer Ansätze der Wirtschaftsethik werden sorgfältig herausgearbeitet: ihre "deontologische Lücke", die fehlende kritische Reflexion empirischer Präferenzen (methodologischer Individualismus) und der fehlende Blick für die nicht-systemischen Voraussetzungen vernünftigen Wirtschaftens (Konfusion von strategischer und kommunikativer Rationalität). Diese drei Momente - ein unverzichtbares deontologisches Minimalethos, die kritische Reflexion individueller Präferenzen und die Wiedereinbettung des ökonomischen Systems in lebensweltliche Rationalitätsmuster einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft - konstituieren zugleich die normativen Voraussetzungen einer ethisch gehaltvollen, zeitgemässen Leitidee vernünftigen Wirtschaftens.
Zum Schluss wird diskutiert, wie weit sich unter den strukturellen Bedingungen einer modernen Gesellschaft ökonomische Rationalität und Ethik überhaupt vermitteln lassen (integrativer Ansatz von Wirtschaftsethik). Dabei wird ein differenzierter Standpunkt eingenommen, der einem relativ autonomen ökonomischen System Raum lässt, die Kriterien seiner Funktionsrationalität jedoch in einer umfassenderen sozialökonomischen Rationalitätsidee aufhebt: Es geht in der Wirtschaftsethik um die Begründung einer neuen, ethikbewussten ökonomischen Sachlichkeit.
Direkt bestellbar auf der Website des Instituts für Wirtschaftsethik: www.iwe.unisg.ch unter "Schriften".
Der Beitrag ist auch als Sammelbandbeitrag verfügbar unter dem Titel "Wirtschaftsethik auf der Suche nach der verlorenen ökonomischen Vernunft", in: Ulrich, P. (Hrsg.): Auf der Suche nach einer modernen Wirtschaftsethik. Lernschritte zu einer reflexiven Ökonomie. St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik Bd. 4, Bern/Stuttgart/Wien: Haupt 1990, S. 179-226.
Language
German
Keywords
Wirtschaftsethik
HSG Classification
contribution to scientific community
Refereed
No
Publisher
Institut für Wirtschaftsethik
Publisher place
St. Gallen
Number
38
Subject(s)
Division(s)
Eprints ID
17467