Description | Die vorliegende Studie versuchte, die wirtschaftlichen Verflechtungen Südbadens mit dem Metropolitanraum Zürich systematisch zu analysieren, um darauf aufbauend eine Bewertung der Bedeutung des Metropolitanraums Zürich für Südbaden vorzunehmen. Ziel war es, hier eine differenzierte Bewertung vorzunehmen und zwischen der Bedeutung für die verschiedenen Teilräume einerseits und anderseits der Bedeutung für verschieden Wirtschaftsbereiche zu unterscheiden. Den Ausgangspunkt der Betrachtung bildeten dabei die theoretischen Modelle über die Metropolfunktionen, wie sie in Kapitel 3 beschrieben wurden und die daraus abgeleiteten Wirkungsfelder. Bei den Wirkungsfeldern unterschieden wird zwischen tangiblen Wirkungen, bei denen sich die grenzüberschreitenden Beziehungen für die südbadische Seite monetarisieren liessen, und intangiblen Wirkungen, die sich langfristig aus der Nutzung der Metropolfunktionen Zürichs für Südbaden ergeben können. Die Analyse zeigt ein vielschichtiges Bild über den Nutzen, den die verschiedenen südbadischen Teilräume aus ihrer räumlichen Nähe zur Metropole Zürich ziehen. Die Analysen haben deutlich gezeigt, dass es eine intensive Vernetzung im Wirtschaftsbereich über die deutsch-schweizerische Grenze hinweg gibt und dass die südbadischen Teilräume dabei in einem hohen Masse ökonomisch vom Metropolitanraum Zürich profitieren. Es sind dabei vor allem die Landkreise Konstanz, Waldshut und Lörrach, die hier aufgrund ihrer Grenzlage am stärksten profitieren und deren regionalwirtschaftliche Entwicklungen durch den Metropolitanraum Zürich direkt beeinflusst werden. Verantwortlich dafür sind vor allem zwei Bereiche: Der Einkaufstourismus und die Grenzgänger. In beiden Bereichen findet ein erheblicher Kapitalfluss über die Grenze hinweg statt. Im Einkaufsbereich kann man davon ausgehen, dass Schweizer Kunden für rund 2.5 Mrd. CHF Waren im grenznahen Südbaden einkaufen. Durch die deutschen Grenzgänger, die im Metropolitanraum Zürich arbeiten, fliessen jährlich fast 1.2 Mrd. CHF an Erwerbseinkommen aus der Schweiz nach Deutschland. Weitere grenzüberschreitende Kapitalströme entstehen zusätzlich noch durch die Exportbeziehungen der regionalen Wirtschaft und durch den Tourismus. Bei den Exportbeziehungen zeigt sich ein Handelsbilanzvorteil für Südbaden, d.h. die dortigen Unter-nehmen exportieren mehr in den Metropolitanraum Zürich als sie von dort importieren. Zwar liegen hier keine räumlich differenzierten Daten vor, wir gehen aber davon aus, dass der Han-delsbilanzvorteil Südbadens in einer Grössenordnung von 400-600 Mio. CHF liegt. Auch im Tourismus zeigt sich ein positiver Saldo der grenzüberschreitenden Verflechtungen für Südba-den, wobei hier darauf hingewiesen werden muss, dass bislang der Anteil der Schweiz an allen Gästen in Südbaden unter 10% liegt. Wir gehen davon aus, dass Schweizer Gäste in Südbaden rund 400 Mio. CHF ausgeben und davon etwa zwei Drittel aus dem Metropolitanraum Zürich stammen. Insgesamt kann darum festgehalten werden, dass in den grenznahen südbadischen Räumen ein beachtlicher Teil des jeweiligen regionalen Bruttoinlandseinkommens aus den intensiven wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Schweiz resultiert. Anders sieht es aus, wenn man die intangiblen Verflechtungen betrachtet. Hier zeigt sich, dass die südbadischen Räume nicht in dem Umfang von den Metropolitanfunktionen profitieren, die in Zürich unzweifelhaft vorhanden sind. Dies gilt für die Wissens- und Innovationsfunktion, wo die Potenziale des Metropolitanraums Zürich bislang nicht entsprechend in Südbaden genutzt werden. In grossen Teilen trifft es auch auf die Gateway-Funktion zu. Lediglich der Flughafen Zürich ist hier für Teile der Region von grosser Bedeutung, wobei diese räumlich und funktionell differenziert werden muss: Für die grenznahen Räume Südbadens ist der Flughafen sowohl für die innereuropäische als auch die interkontinentale Anbindung von grosser Bedeutung. Für die anderen südbadischen Räume ist es primär die interkontinentale Anbindung, für die innereuropäische Anbindung bieten sich andere Flughäfen als Alternativen an, die ebenfalls gut erreichbar sind. Betrachtet man die Fluggastzahlen des Flughafens Zürich, so zeigt sich, dass dieser von einer grossen Anzahl Deutscher als Start- und Landepunkt für Ferienaufenthalte genutzt wird. Er hat also für den Outgoing-Bereich im Tourismus auch für Südbaden eine wichtige Funktion. Für den Incoming-Bereich dagegen spielt er bislang für Südbaden quantitativ noch keine zentrale Rolle, wobei dies auf der einzelbetrieblichen Ebene anders aussehen und sich aufgrund der geplanten Internationalisierungsstrategien der relevanten süddeutschen Destinationen zukünftig ändern kann. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Südbaden in gewissen Teilräumen stark durch den Metropolitanraum profitiert. Verantwortlich dafür sind vor allem die tangiblen Ver-bindungen, die durch den grenzüberschreitenden Kapitaltransfer aus der Schweiz in die direkten Grenzräume von Konstanz bis Lörrach entstehen. Im Gegensatz dazu profitiert Südbaden in seiner Gesamtheit aber noch nicht in dem Umfang von den Metropolfunktionen, die der Metropolitanraum Zürich bietet (und die in der Schweiz auch entsprechende genutzt werden). Hier scheinen die bestehenden Grenzen immer noch eine hohe Trennungswirkung zu haben. Die Ausnahme stellt hier der Flughafen Zürich dar, der vor allem hinsichtlich der interkontinentalen Anbindung eine wichtige Gateway-Funktion für ganz Südbaden hat. Es stellt sich nun die Frage, was ursächlich für die festgestellten intensiven Verflechtungen zwischen Südbaden und dem Metropolitanraum Zürich ist. Betrachtet man die Wirkungsfelder, in denen die intensivsten Verflechtungen bestehen und aus denen der grösste Nutzen für Südbaden entsteht, zeigt sich, dass es vor allem die an der Grenze feststellbaren Preisdifferenzen sind, auf denen die Verflechtungen gründen. Die Entwicklung des Wechselkurses in den vergangenen Jahren spielte dabei eine wichtige Rolle: Je stärker der Franken gegenüber dem Euro wurde, desto intensiver wurden die grenzüberschreitenden Verflechtungen. Diese wechselkursbedingten Effekte wurden noch dadurch verstärkt, dass der Metropolitanraum Zürich in den vergangen Jahren sich durch eine äusserst dynamische Entwicklung ausgezeichnet hat, was sowohl die Arbeitsplatzzahlen als auch die Bevölkerung anging. Südbaden profitierte hiervon doppelt: Zum einen ist die Zahl der Grenzgänger stark gestiegen und damit der Einkommenstransfer über die Grenze. Zum anderen ist der Marktraum Zürich rein zahlenmässig stark gestiegen und damit die Nachfrage. Unter anderem aufgrund der Preisdifferenzen konnte damit Südbaden hier überproportional von der quantitativ gestiegenen Nachfrage profitieren. Reflektiert man die gewonnenen Erkenntnisse mit den theoretischen Grundlagen der Regional-ökonomie, so zeigt sich ein interessantes Bild: Die heute feststellbaren Verflechtungen Südbaden mit dem Metropolitanraum Zürich spiegeln die "klassischen" Raumentwicklungstheorien wieder, nach denen das Umland aufgrund von Marktverflechtungen von den Metropolen profitieren und es in diesem Umland zu positiven Spillover-Effekten aber auch Entzugseffekten kommen kann. Nimmt man dagegen die neueren Regionaltheorien, bei denen Wissen und Innovation eine zentrale Rolle spielen, so zeigt sich noch ein erhebliches Verbesserungspotenzial. Südbaden könnte hier zusätzlich von der Nähe zum Metropolitanraum Zürich profitieren. |