Ausgangspunkt der Überlegungen dieses Beitrags ist die Annahme, dass das »Verfassungsrecht der Schweiz« nicht nur aus den Normen der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft besteht. Zu diesem Verfassungsrecht gehören vielmehr auch die Kantonsverfassungen, aus denen sich die »verfassungsmässige Ordnung der Kantone« (Art. 52 Abs. 1 BV) ergibt. Das Recht der schweizerischen Gemeinden (»Gemeindeverfassungsrecht«) ist zwar kantonales (Verfassungs-) Recht, doch sind auch die Gemeinden in ihrer durch dieses Recht bestimmten Stellung ein integraler Bestandteil des Verfassungsgefüges der Schweiz. Folgt diese Berücksichtigung des kantonalen und des Gemeinderechts schlüssig aus dem bundesstaatlichen Charakter der Schweiz einer- und aus der Gemeindeautonomie andererseits, so ist eine Einbeziehung überstaatlicher (völkerrechtlicher) Normen und Regime in ein für die Schweiz massgebendes Verfassungsgefüge stärker begründungsbedürftig. Diese Einbeziehung wirft im Vergleich mit der des kantonalen und des Gemeinderechts im Falle von Normenkollisionen auch schwierigere Fragen der vorrangigen Geltung einer Verfassungsebene auf.
Der vorliegende Beitrag ist ein Versuch, diese verschiedenen Formen und Ebenen von »Verfassung« zusammenzudenken sowie die rechtlichen Verhältnisse, in denen sie zueinander stehen, zu bestimmen. Es zeigt sich, dass ein Verfassungsgefüge, in dem sich verschiedene Verfassungsebenen wechselseitig beeinflussen und durchdringen, anspruchsvoll und fragil ist, aber zugleich in einem hohen Masse der Verfassungstradition der Schweiz entspricht.
Language
German
HSG Classification
contribution to scientific community
HSG Profile Area
None
Book title
Verfassungsrecht der Schweiz - Droit constitutionnel suisse