Um Tipps zum Energiesparen geht es nur noch am Rand, Energie Schweiz sieht sich als politischer Akteur. Das zeigt ein jüngst erschienenes Schulbuch zu den Vorzügen der Energiestrategie 2050.
Globi verkörpert die Schweiz wie keine andere Kinderbuchfigur. Dass er im 85. Lebensjahr Energiefragen erkundet, ist einleuchtend. «Globi und die Energie» ist Ende 2016 erschienen. Realisiert wurde das Buch fast ausschliesslich mit Geldern staatlicher und staatsnaher Organisationen. Zum Gesamtbudget des Projekts von 145 000 Fr. hat EnergieSchweiz 50 000 Fr. beigetragen und auch das Vorwort verfasst. Anders als sonst spricht Globi zu uns also nicht als privater Vogel, sondern als Sprachrohr des Staates.
«Globi und die Energie» ist keine eigentliche Propaganda: Die Autoren des Buches unterstützen die am 21. Mai 2017 zur Abstimmung kommende Energiestrategie 2050 in
jedem Aspekt. Deckungsgleich mit den Zielen von Energie Schweiz erläutern sie ihre Zukunftsvision der «Suffizienz». Altersgerechter wäre wohl der Begriff Verzichtgesellschaft: So sollen wir «Flugreisen möglichst vermeiden» und «weniger Fleisch essen». Insgesamt gibt Globi die Entwicklung klar vor: Die Zukunft ist erneuerbar. Natürlich ist auch der vom Parlament beschlossene «Atomausstieg» positiv bewertet.
Dass sich die erfolgreichste Schweizer Kinderbuch-Figur tendenziös für die Energiestrategie 2050 einsetzt, befremdet natürlich Skeptiker des so beworbenen politischen Projekts. Freilich dürfen die Globi-Verehrer auch nicht vergessen, dass der Papageienmensch überhaupt erst als Werbefigur für eine Warenhauskette das Licht der Welt erblickt hatte. Einen Anspruch der Schweizer auf einen kommerzfreien oder politisch neutralen Globi gibt es nicht.
Inhaltlich haben die von Energie Schweiz unterstützten Programme wenig gemeinsam mit dem energieeffizienten Eierkochen, das alt Bundesrat Adolf Ogi im Oktober 1988 in einem Fernsehspot demonstrierte. Mit ihrem subventionierten Globi-Buch möchten die Autoren «Schülerinnen und Schülern die nachhaltige Energienutzung verständlich» machen und sie auf die «Herausforderungen der Energiezukunft» vorbereiten.
Nach ihrer Ansicht könne das Buch «in der Volksschule gut in den Unterricht eingebaut werden». Auch Energie Schweiz möchte das Thema an den Volksschulen stärken. So müssen Eltern zur Kenntnis nehmen, dass die politische Diskussion um die Energiestrategie auch mit ihren Kindern geführt wird.
Mit seiner Informationstätigkeit will der Bund «das auf Einsicht beruhende freiwillige Handeln aller Kreise» stärken. Bei achtjährigen Kindern fördert Globi freilich eher passive «Einsicht» als aktives «Handeln».
Ein Erstklässler ist hinsichtlich seines ökologischen Fussabdrucks fremdbestimmt.
Vor diesem Hintergrund bleibt unklar, was das Bundesamt für Energie (BFE) mit der Ansprache von kleinen Kindern erreichen möchte. Überdies tut sich bei solchen Projekten der Jurist schwer mit den gesetzlichen Grundlagen, die es heute auch für die Ausrichtung von Subventionen braucht.
Gemäss gesetzlichem Auftrag informiert das BFE über die umweltverträgliche Energieversorgung, die Möglichkeiten einer rationellen Energienutzung sowie die Nutzung erneuerbarer Energien. Das BFE darf diese Massnahmen über Energie Schweiz konzipieren und dabei private Organisationen bei ihrer Informations- und Beratungstätigkeit mit Subventionen unterstützen.
Da sich diese Massnahmen nur auf eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz stützen können, sind sie gemäss Bundesrat auf «konkrete Aktionen wie Veranstaltungen, Ausstellungen und Veröffentlichungen, sofern sie gesamtschweizerisch von Bedeutung sind», beschränkt. Dass Gelder für Kinderbücher in dieses Zielfeld fallen sollen, ist sehr unwahrscheinlich.
Im Kontext hiesiger Verhältnisse bewegt sich Energie Schweiz mit der Finanzierung eines politischen Kinderbuches derart weit ausserhalb des Terrains, dass sich verschiedenste verfassungsrechtliche Fragen in ganz neuen Konstellationen stellen. Natürlich führt die Zunahme der Behördenkommunikationen auf verschiedensten Kanälen zu einer stärkeren staatlichen Beeinflussung des Meinungsbildungsprozesses als auch schon.
Zum Schutz der Meinungsbildungsfreiheit wäre daher darauf zu achten, dass die demokratische Willensbildung effektiv den gesellschaftlichen und politischen Kräften vorbehalten bleibt. Konsequenterweise sollten Subventionen den Wettbewerb an Ideen und Meinungen nicht verzerren, und nicht wie bislang nur die (wirtschaftliche) Wettbewerbsneutralität wahren. Öffentlich finanzierte Publikationen, vor allem wenn sie sich an Kinder richten, sollten in erster Linie deren Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit den präsentierten Meinungen fördern. Dieses Ziel hat «Globi und die Energie» verfehlt.
Im Ergebnis legt Energie Schweiz nicht nur die für das Programm einschlägigen gesetzlichen Grundlagen viel zu weit aus. Das Programm hat auch ein gutes Stück seinen staatspolitischen Kompass verloren. Sollten die übergeordneten Behörden oder der Gesetzgeber diesen Kompass neu justieren wollen, wäre auch mit Gewinn darüber nachzudenken, nach welchen normativen Gesichtspunkten Forschungs- und Fördergelder generell verteilt werden sollten.