Fördert die Wirtschaftsförderung die Wirtschaft?
Type
newspaper article
Date Issued
1999-01-01
Author(s)
Zenklusen, Toni
Abstract (De)
Unter diesem Titel haben am 20. Mai 1999 im Casino Luzern die Institute für Verwaltungskurse und öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen ein Seminar organisiert mit namhaften Referenten aus Verwaltung und Wirtschaft. Gemeinwesen aller Stufen betreiben zunehmend aktiv - und manchmal aggressiv - Wirtschafts- und Standortförderung; jedes Gemeinwesen will zu den "Gewinnern" im Wettbewerb um neue Arbeitsplätze und zusätzliche Steuereinnahmen gehören. Für wirtschafts- und standortfördernde Massnahmen werden insgesamt erhebliche öffentliche Mittel bereitgestellt. Um es gleich vorwegzunehmen, niemand zweifelte am Sinn einer aktiven Wirtschaftsförderung, obschon es auch Exponenten der Nationalökonomie gibt, welche von der Unwirksamkeit der staatlichen Wirtschaftspolitik überzeugt sind. In diesem Zusammenhang tritt auch immer wieder das Paradigma des Nullsummenspiels auf. Muss eine Gemeinde, eine Stadt, eine Region aktiv Wirtschaftsförderung betreiben, will sie nicht ins Hintertreffen gelangen im Vergleich zu Anstössern, welche bereits diesbezüglich tätig sind? Ist die Grösse des Kuchens konstant? Nun, kurzfristig mag es sein, dass durch aggressives Auftreten komparative Vorteile verschafft werden können, langfristig profitieren jedoch alle. Zuweilen wird argumentiert, dass Länder mit einer hohen Staatsquote wirtschaftlich eine unterdurchschnittliche Performance hätten. Nun, eine hohe Staatsquote ist nicht gleichzusetzen mit hoher Mittelvergabe im Bereich der Wirtschaft. Grund für die Zunahme dieser Quote in der Schweiz sind in erster Linie höhere Ausgaben in den Bereichen soziale Wohlfahrt, Infrastruktur und Landwirtschaft. Die finanzielle Unterstützung auf wirtschaftlichem Gebiet ist dazu vergleichsweise gering. Wirtschaftspolitische Massnahmen sind eine Tatsache und können durchaus erfolgreich sein, wie die restriktive Geldpolitik der Schweiz in den letzten Jahren zeigt. Eine aktive staatliche Wirtschaftspolitik gewinnt gerade im Zuge der zunehmenden Globalisierung eher an Bedeutung, sind doch neue Entwicklungen zu fördern (vgl. IT-Bereich) und gleichzeitig überkommene Strukturen zu bereinigen, so etwa auf dem Gebiet der Telekommunikation oder der Elektrizitätswirtschaft. Nicht zuletzt gilt es zu beachten, dass ein gut funktionierender Staat Teil einer Standortattraktivität ist. In Randregionen, bzw. Tourismusregionen übernimmt der Staat vielfach eine ausgleichende Funktion. Mächtigstes Förderinstrument ist hier die Investitionshilfe für Berggebiete, daneben gibt es weitere zukunftsträchtige Programme, welche im Bereich Innovation, Zusammenarbeit und Ausschöpfung regionaler Potentiale ansetzen, wie InnoTour oder RegioPlus. Damit diese Potentiale zur Entfaltung gelangen können, gilt es die strategischen Ziele eines Standortes, einer Region zu erarbeiten, was eine Identifikation der Kernkompetenzen, der kritischen Erfolgsfaktoren impliziert, um so den Aufbau von sogenannten Kompetenz-Clustern zu ermöglichen. Was die Wahl der geeigneten Marktstimulierungsstrategie betrifft, wird man wohl nicht auf eine Preis-Mengen-Strategie, sondern eine Präferenzstrategie (Qualitätsbewusstsein) zurückgreifen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein Zusammenarbeiten verschiedener Institutionen und Betriebe (Leistungsverbundsysteme) und der Aufbau von "Informationsketten". Als Erfolgskriterium darf nicht bloss Arbeitsplatzanzahl stehen, sondern Faktoren wie beispielsweise die Auswirkung auf Technologien, Kommunikations- und Beziehungsnetze usw. sind ebenfalls von Bedeutung. Auf Betriebsebene haben vor allem KMU mit verschiedenen Nachteilen zu kämpfen, so bei der Beschaffung von relevanten Informationen und Kapital. Daneben können sie aufgrund ihrer Grösse kaum mit Skaleneffekten rechnen. Diesen Benachteiligungen kann mit fortschrittlichem Unternehmertum begegnet werden, wie ein Vertreter eines innovativen KMU ausführte. Von zentraler Bedeutung sind die Bedingungen für die Belegschaft, Lenins Ausspruch "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" gilt in umgekehrten Sinne... Als Fazit der Veranstaltung kann hervorgehoben werden, dass niemand einer aktiven Wirtschaftsförderung ablehnend gegenüber steht. Über Art und Umfang gingen die Meinungen allerdings teilweise auseinander. So erfolgte beispielsweise der Vorschlag, auf strategischer Ebene sei eine interkantonale Zusammenarbeit sinnvoll, wogegen auf operativer Ebene eine regionale Unterteilung möglich wäre mit privaten oder staatlichen Stellen. Andere möchten gewisse Kompetenzen aber nicht aus der Hand der Kommunen geben. Ebenfalls eine Meinungsdivergenz konnte im Umfang der einzusetzenden Mittel konstatiert werden. Für die einen gibt es praktisch kaum Limiten was die Art und Intensität der Mittel anbelangt, andere wiederum gaben doch zu bedenken, dass sehr wohl Grenzen abzustecken seien und man nicht alles mitmachen dürfe. Unisono war man aber der Meinung, dass aktive Wirtschaftsförderung langfristig eine ganze Volkswirtschaft profitieren lässt. Dr. T. Zenklusen, Fachstelle Wirtschaftsfragen FWF des Kantons Luzern Für das IDT referierte Dr. Alain Thierstein, Direktor und Leiter Kompetenzbereich Regionalwirtschaft
Language
German
HSG Classification
contribution to scientific community
Refereed
No
Publisher
IDT
Subject(s)
Eprints ID
13669