Die ethische Problematik von Allokationsentscheidungen -- am Beispiel des Ressourceneinsatzes im Gesundheitswesen
Type
working paper
Date Issued
1984-01-01
Author(s)
Gaefgen, Gérard
Abstract (De)
Der in der Wirtschaftstheorie angenommene, ja für sie sogar konstitutive Tatbestand der Knappheit wirtschaftlicher Güter führt zwangsläufig zur Abwägung der verschiedenen Verwendungszwecke. Die dieser Abwägung zugrunde liegenden Wertrangordnungen werden in einer positiven Ökonomie als gegeben hingenommen, bei einer sozialwissenschaftlichen Erweiterung des Erkenntnisprogramms auch in ihrem Wandel und ihrer Herkunft untersucht, wobei auch der Einfluss der herrschenden gesellschaftlichen Moral auf die Wertungsvorgänge zu beachten ist. Wirtschaftsethik aber stellt Anforderungen an diese Wertrangordnungen auf - seien sie nun nur formaler oder auch inhaltlicher Art; sie beurteilt den Ressourceneinsatz nach seiner Konformität mit postulierten Normen und erklärt nicht die faktisch beobachtbaren Allokationsprozesse aus schon existierenden oder unter bestimmten Einflüssen entstehenden Wertvorstellungen der Akteure. Sie vermag daher auch die faktischen Mitteleinsätze als Abweichungen von den ethisch eigentlich zu fordernden Einsätzen zu kritisieren. Sie tut dies auf der Ebene individueller Entscheidungen in Form einer "individualethischen" Kritik an den selbstgesetzten Zwecken des Individuums. Sie tut dies aber als "Sozialethik" auch auf der Ebene kollektiver Gestaltung gesellschaftlicher Zustände, sei es, dass es sich um direkte Entscheidungen über die Bereitstellung öffentlicher und privater Güter durch soziale Instanzen handelt, sei es, dass die Gestaltung von Institutionen "durch die Politik" zur Debatte steht, Institutionen, die ihrerseits bestimmte Abläufe der Allokationsprozesse bewirken. (...)