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Populismus in der Deutschschweiz
Type
conference paper
Date Issued
2011-10-01
Author(s)
Abstract (De)
Am 1. Juni wurde in der Schweiz über die Volksinitiative «für demokratische Einbürgerungen » abgestimmt, welche von der Schweizerischen Volkspartei lanciert wurde und die im Kern aus einer veränderten Regelung bestand, wer in welcher Form über Einbürgerungen entscheiden soll und wem in diesem Prozess welche Rechte zugestanden werden sollen. Zwei Gegensatzpaare standen in der Debatte im Vordergrund: die Gegenüberstellung von ‹uns› (Einheimischen) und den ‹Anderen› (Fremden) und die Gegenüberstellung von ‹uns› (dem «Volk») und ‹denen da oben› (der politischen Elite).Die an diesem Fallbeispiel mit interpretativ-qualitativer Methodik durchgeführte wissenssoziologische Diskursanalyse zeigt auf, welche Diskurse die in der medialen und politischen Öffentlichkeit der deutschsprachigen Schweiz geführte Debatte strukturierten: 1) Demokratie als (absolute) Volksherrschaft, 2) Ausländer(massen), die nicht passen, 3) Demokratie in rechtsstaatlichem Rahmen und 4) integrierende Demokratie. Die Studie fokussierte nicht die Strategien der Akteure im Abstimmungskampf, sondern die typologische Ausdifferenzierung und Rekonstruktion der von den Akteuren aufgegriffenen Diskurse, so wie sie sich gleichsam ‹feldübergreifend› in den Medien und der Politik artikulierten. Der Beitrag analysiert die rekonstruierten Diskurse, die über den untersuchten Abstimmungskampf hinausweisen: Sie stellen zeitgenössische Varianten schweizerischer Traditionen politischen Denkens dar. Die interpretative Verortung in diesen Traditionen kann auf Kontinuitäten und Akzentverschiebungen hinweisen: Die ehemals im konservativen Denken angesiedelte Warnung von den Gefahren einer ‹Tyrannei der Mehrheit› ist nun Bestandteil des politisch liberalen Diskurses zur integrierenden Demokratie sowie des Rechtsstaatsdiskurses. Der konservative Diskurs zur ‹(absoluten) Volksherrschaft› erscheint im Hinblick auf die plebiszitäre Auffassung demokratischer Mitbestimmung als radikalisiert. Wird Populismus nicht nur als rhetorisches Stilmittel verstanden, so liegt sein ‹ideologischer› Gehalt vor allem in dieser radikalisierten Vorstellung plebiszitärer Mitbestimmung. Der Nichtpassungsdiskurs wird hingegen nicht nur von Akteuren verwendet, welche gemeinhin als populistisch gelten, sondern findet sich auch bei Positionen, die gleichzeitig vom Rechtsstaatsdiskurs strukturiert sind.
Project(s)
«Schweizer», «Fremde» und «Eingebürgerte»: Eine Fallstudie zur Identitätspolitik am Beispiel der jüngsten Einbürgerungsinitiative
Language
German
HSG Classification
contribution to scientific community
HSG Profile Area
SHSS - Kulturen, Institutionen, Maerkte (KIM)
Refereed
No
Book title
NEUER STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT DREILÄNDERKONGRESS der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie
Event Title
3. gemeinsame Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie
Event Location
Innsbruck
Event Date
29.09.-01.10.2011
Subject(s)
Division(s)
Eprints ID
218229